Es gibt eine tiefe Sehnsucht im Menschen nach Wahrheit. Wir möchten einander vertrauen können, und nicht angelogen werden. Schon Pilatus stellte aber im Verhör mit Jesus die kritische Frage: „Was ist Wahrheit?“ Er hatte im politischen Alltag der Römer so viele Lügen und Intrigen erlebt, dass er nicht mehr daran glaubte, der Wahrheit noch begegnen zu können. Sind wir heute nicht in einer ähnlichen Situation, wenn wir die vielfältigen Lügen in unseren persönlichen Kontakten, sowie im beruflichen und gesellschaftlichen Umgang miteinander bedenken? Obwohl es auch in unserer medialen Umwelt schwierig ist, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden, gibt es den Wunsch, ohne Schaden zu nehmen, einer vertrauten Person die Wahrheit sagen zu können.
Der barmherzige Vater im Evangelium kennt diese Sehnsucht, und kommt allen, die sich ihm mit ihren Lebenslügen und Schuld zuwenden, von weitem entgegen, um mit ihnen ein fröhliches Fest zu feiern. Noch mehr: Nicht nur Pilatus sondern alle Welt, und auch wir sollen erkennen, wie sehr uns Gott liebt, wenn Er durch das Leben und Sterben Seines Sohnes in der Auferstehung alle unsere Lebenslügen und Schuld in eine „felix culpa“ verwandelt. Im Blick auf Ihn, unseren Herrn, und auf die vielen Menschen, die ihm nachfolgen, dürfen wir es daher allezeit wagen, die Lüge zu meiden, auf Vertrauen und Wahrheit im gesellschaftlichen und eigenen Leben zu setzen, und uns dessen froh, all unseren Lebensaufgaben zuzuwenden. Das Bedürfnis nach Wahrhaftigkeit kann mit zunehmendem Lebensalter aber auch zu einem vertieften Nachdenken über das eigene Leben und Handeln führen. Die Fülle der vor Augen kommenden Phänomene, kann uns dann leicht an die Grenzen unserer Erkenntnis führen. Was wissen wir schon sicher angesichts der unendlichen Räume des Alls? Wie dürftig ist unser theoretisches und praktischen Wissen von den uns insgesamt in der Natur begegnenden Prozessen? Wer kommt nicht ins Staunen über all das unfassbare bewusste, unbewusste und fantastische Erleben von uns Menschen? Hinzu kommt, dass die Prozesse im Makro-, und Mikrokosmos der Natur und in all unserem Erkennen und Erleben, sich in einem steten Wandel befinden. Es erscheint mir wie ein „Spiel ohne Grenzen“, in dem wir, die Fülle aller Lebenswirklichkeiten nicht erfassend, zum Handeln berufen sind. Zuweilen mag uns das, was wir sehen verwirrend und angsterregend erscheinen, oder aufregend und neu für uns sein. Denn immer wieder führen dabei neue Perspektiven des Hinblicks auf uns selbst und die Umwelt, zu anderen Sichtweisen, die eine Veränderung unserer bisherigen Einstellungen erfordern. Dann gilt es, dem uns innewohnenden Prinzip zu folgen, und das was wahr und gültig erscheint, von dem zu trennen, was sich als falsch oder Lüge erweist. Das, was man zum Beispiel in der Jugend, oder danach im beruflichen und öffentlichen Leben einst als bedrohlich erlebte, kann uns dann im höheren Lebensalter nicht mehr so erschrecken. Was einmal das Leben wie eine schicksalshafte Benachteiligung erschwerte, kann neu gesehen und erlebt, zu einer neuen Erfahrung werden, auf die man stolz zurück blickt. Parallel zur stetig geringeren Lebenserwartung, kann sich auch noch im höheren Lebensalter Freude am kreativen Gestalten entwickeln. Johann Sebastian Bach hat beispielsweise bis kurz vor seinem Tod noch komponiert und musiziert.
Nach dem Ende meiner beruflichen Karier, entstand auch bei mir im Ruhestand die Idee, mich den eigenen Gedanken folgend, als Schriftsteller zur Einheit und Vielfalt der Lebensumstände zu äußern. Seit ich mich aber nach dem dritten Buch entschloss, vorerst nur noch Texte zu den jeweils andrängenden Themen zu schreiben, stellte sich eine zunehmende Lust und Freude bei mir ein, nun als Autor endlich ohne Zeitdruck oder Beschränkung eigenen Gedanken eine sinnvolle Form geben zu können. Derzeit denke ich auch intensiv über unsere Fähigkeit nach, überhaupt selbständig denken und handeln zu können. Bei diesen Gedanken über das Denken, stellte sich bei mir eine innige Dankbarkeit gegenüber unseren Fähigkeiten, dem Leben und der ihm innewohnenden Wahrheit ein. Wem sollte ich nun noch etwas vormachen, und welcher Ehrentitel könnte mich noch reizen? Meine Ehre ist es, mit allem, was ich erlebte und mich beschäftigt, so gut ich es vermag redlich umzugehen, und etwas von den Erfahrungen, die mich glücklich und zufrieden sein lassen, an sie liebe Leser, und meine Mitmenschen zu eigenem Gebrauch abzugeben. Ich erinnere mich oft an die Zeit meiner frühen Kindheit und das damals übliche vielfältige Spiel. Alles, was um mich geschah, was in mir erwachte, was ich erlebte und erlitt, fand im arglosen Spiel seinen Ausdruck. Auch in all den darauf folgenden Jahren, erlebte ich mich in meinen Daseinsbezügen wie ein Mitspieler mit Fähigkeiten zu sehen, und zu lernen ausgestattet. Alle neuen Erkenntnisse erforderten aber zu entscheiden, was ich als richtig oder falsch, als Wahrheit oder als Lüge erkannte. In all diesem sich wandelnden Erleben, bin ich aber, mit Gottes Hilfe, meinem Wesen treu geblieben. Ich erlebe es heute mit großer Freude, all denen die mir bisher auf meinem Lebensweg beistanden, danken zu dürfen. In diesem unendlichen Spiel des Lebens im Geben und Nehmen, mit Schuld und Vergebung, danke ich besonders auch der Kirche, die mich aufgenommen, begleitete, belehrte, und bis zum heutigen Tag ermuntert, auch künftig wahrhaft und redlich meinen Weg zu gehen. Heute bin ich Gott sei Dank in der Lage, mit all den Bällen, die mir das Leben zuspielte, zum Lob und zur Ehre Gottes, hoffentlich auch meiner Mitmenschen, als Gottes fröhlicher Clown mitzuspielen. Wenn ich auch nicht mehr wie in früheren Jahren aktiv ins politische Geschehen eingreife, und mich im Beruf und in gesellschaftlichen Verpflichtungen weniger zu bewähren habe, so bin ich doch noch in der Lage, Ihnen liebe Leser zu zeigen, wie sich das Leben eines älteren Herrn anfühlt, der als „spätberufener Schriftsteller“ seinen bisher schönsten Beruf gefunden hat.
Mich beschäftigt derzeit schon die Frage, was mir aus dem inneren Reichtum des Erlebens geeignet erscheint, in einem nächsten Beitrag für Sie, liebe Leser in eine geeignete Form zu bringen. Sie haben sicher schon bemerkt, dass ich Lust verspüre, Sie und mich selbst immer wieder in Texten anderer Form oder Inhalts zu überraschen. Mich reizt es sehr, Gedanken und Geschichten die mir zufliegen, versuchsweise in phantastische Erzählungen zu formen, denen man jedoch anmerken sollte, dass es sich hierbei um wahre und redliche Schilderungen unserer Lebenswirklichkeit handelt. Ich muss aber gestehen, dass ich bis zur Stunde noch keine klare Vorstellung davon habe, wie diese Geschichten aussehen könnten. Eines ist aber gewiss, solange ich beim Schreiben bin, dürfen Sie, liebe Leser sicher sein, dass es ihrem Franz in Oppenweiler gut geht.